Ehrenamtliche besuchen „Haus der Religionen“ in Hannover

Veranstaltung 24. Juni 2023

Ehrenamtliche besuchen „Haus der Religionen“ in Hannover

Ehrenamtliche, die bei uns in unterschiedlichen Bereichen der Flüchtlingsarbeit tätig sind, haben Ende Juni einen Ausflug nach Hannover gemacht. Ziel war das „Haus der Religionen“ in der Südstadt.

In der Flüchtlingsarbeit kommt man mit Menschen anderer Religionen zusammen und somit sind auch die jeweiligen Glaubensüberzeugungen, die religiösen Werte oder die Feiertage in der Arbeit und der Begleitung von Geflüchteten von Bedeutung.

Wir wissen zwar oft viel zu wenig voneinander, doch im „Offenen Haus“, in den Deutschkursen oder bei Begleitungen kamen und kommen wir miteinander ins Gespräch, können uns gegenseitig fragen, zuhören, voneinander lernen und auch Einblicke in die jeweils andere Religion oder die damit verbundene Lebensweise gewinnen.

Als wir im Runden Tisch Asyl nach einem Fortbildungsthema suchten, kam somit die Idee von Markus Brinkmann, das „Haus der Religionen“ zu besuchen, gut an.

Dort hat der interreligiöse Dialog, der in Hannover 1991 im damals gegründeten „Interreligiösen Diskussions- und Gebetskreis“ begonnen wurde, einen festen Ort. Das Haus in der Böhmerstraße 8 wurde während des Kirchentages 2005 in Hannover eingeweiht.

Prof. Dr. Wolfgang Reinbold als Christ, Muslima Dr. Hamideh Mohagheghi (Sprecherin des Rates der Religionen Hannover) und Hinduistin Rajiny Kumaraiah informierten über die Entstehung des Hauses und die Bildungsarbeit, die dort stattfindet.

„Neun Religionen und Weltanschauungen haben sich hier zu einem Ort der interreligiösen Bildung und Begegnung zusammengeschlossen. Gemeinsam treten wir ein für eine Haltung des Respekts und der Achtung des Anderen im Sinne des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland“, erläuterte Prof. Dr. Reinbold.

Dr. Hamideh Mohagheghi ergänzte: „Respektvolles interreligiöses Miteinander setzt eine Kenntnis des Anderen und interreligiöse Kompetenz voraus. Der Schwerpunkt unserer Arbeit ist daher die interreligiöse Bildung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Unser Ziel ist die Vermittlung von interreligiöser Kompetenz.“

Für interreligiöse Kompetenz seien fünf Fähigkeiten wesentlich: erzählen und zuhören.
• Sprachfähigkeit: Ich kann mich öffnen, erzählen und zuhören.
• Reflexionsfähigkeit: Ich kann dich und mich in unterschiedlichen Perspektiven wahrnehmen.
• Empathiefähigkeit: Ich kann bis zu einem gewissen Grad die Perspektive wechseln und mich einfühlen.
• Dialogfähigkeit: Ich kann dich und mich in der Begegnung besser verstehen.
• Pluralitäts- und Demokratiefähigkeit: Ich kann dich anders sein lassen.

Nach einer Kaffeepause konnten wir uns noch in der multimedialen Dauerausstellung umsehen, in der sich neun von außen identische, von innen unterschiedlich gestaltete Kuben (würfelartige Räume) befinden. Vertreter von neun Religionen und Weltanschauungen, die im Raum Hannover ansässig sind und sich beteiligen wollten, haben diese ausgestaltet und ihren Glauben so begreifbar und erlebbar gemacht: Alevitentum, Bahaitum, Buddhismus, Christentum, Ezidentum, Hinduismus, Humanismus, Islam, Judentum.

Um die einzelnen Kuben mit ausreichend Zeit zu erkunden, wollen jedoch etliche wieder kommen und die allgemeinen Öffnungszeiten dienstags und donnerstags zwischen 16:00 und 19:00 Uhr nutzen. Und auch ich besuche diesen besonderen Ort gerne noch mal, an dem es so viel zu entdecken gibt.

Unser Ausflug wurde von der Hannoverschen Landeskirche aus Mitteln der Diakoniekollekte unterstützt. Dafür danken wir sehr herzlich!

Ilona Wewers

Persönliche Meinungen von Mitfahrenden

Es war ein wunderbares Erlebnis mit einer Gruppe, die durch die jahrelange vielfältige Arbeit mit den Flüchtlingen gewachsen ist. Auch die Anreise vom Kulturbahnhof ohne Autos war schon ein entspannter Start bei gutem Wetter.

Die Anreise mit den Öffis war perfekt, wenn auch der Erixx nach Hannover recht voll war. Aber in der U-Bahn war es dann umso entspannter: pünktlich, geräumig, sehr sauber und die Pläne sehr übersichtlich! Klasse! So wünscht man es sich für Zukunft mit weniger Autoverkehr und klimagerecht.

Das Gebäude, vor dem wir empfangen wurden, eine umgewidmete, sinnvoll umgebaute und gestaltete Nachkriegskirche, machte auf mich einen sehr freundlichen, hellen, einladenden Eindruck. Das „Haus der Religionen“ ist ein Name, der schon neugierig macht(e).

Aber in der großen Gesprächsrunde wurde uns von einem der ehrenamtlichen Organisatoren erklärt, wie und warum sich diese Initiative seit Anfang der 90er Jahre zu so einem festen Treffpunkt und -ort entwickelt hat. Und das war ein sehr nachvollziehbarer Prozess der Veränderung der religiösen Milieus, der mit Zahlen belegt unmittelbar einleuchtete. Ein großer Wandel habe sich vollzogen, besonders in den Städten der Bundesrepublik Deutschland, aber auch in vielen der europäischen Nachbarländer. 1970 gehörten noch 90% der Bevölkerung von Hannover im Wesentlichen zu den beiden großen christlichen Kirchen, andere Religionen waren bis dahin kaum sichtbar; heute ist der Anteil der Christen unter die 50% Marke gesunken und mehrere nichtchristliche Religionen haben mit ihren Gotteshäusern und Zentren das Erscheinungsbild der Stadt Hannover verändert. Ein unumkehrbarer Wandel habe sich ergeben und fordere nach Dialog, um dem friedlichen Miteinander in der Gesellschaft zu dienen. Dass der Wunsch nach Frieden allen hier vertretenen acht Religionen und den Humanisten ein oder das Ziel, der gemeinsame Wert sei, wird klar, wenn man sich vorurteilsfrei mit den neun dort offen zugänglichen Kuben der Selbstdarstellung befasst. Das war uns in der Zeit von zwei Stunden aber kaum möglich. So entstand der Wunsch bei vielen, sich noch einmal selbst oder in einer kleinen Gruppe aufzumachen und die Kuben in Ruhe zu begehen, sie besser zu erfassen und zu würdigen.

Die Rückfahrt war deutlich anstrengender als die Anreise: Züge fielen aus, aber wir fanden unseren Weg mit der S-Bahn nach Hildesheim. Und da der Zug nach Bad Salzdetfurth ebenfalls nicht fuhr, nahmen wir Sammeltaxis, um rechtzeitig zum Abschlussessen im Restaurant Alexandros in Groß Düngen zu sein.

Das gemeinsame Essen war ein Fest mit Speis und Getränk und lebendigem Austausch in der Gruppe. Einfach schön! Danke Ilona und den HelferInnen für diesen interessanten, schönen Tag.
Eckart Genrich

„Ich fand den Besuch im „Haus der Religionen“ sehr anregend, weil:
- es eine einmalige Einrichtung in Deutschland ist,
- das gelebte Toleranz ist,
- man dort zu verstehen beginnt, dass alle Religionen letztendlich dasselbe wollen: Ein gutes Leben für alle. Auch die Humanisten, die Agnostiker.“

In den Kuben fand ich sehr interessant, auf welchen größten gemeinsamen Nenner sich alle Strömungen, Konfessionen einigen konnten.
Jörn Weege

Mich hat in den allgemeinen Ausführungen zu Beginn besonders angesprochen, dass jede Religionsgruppe gebeten war, sich in dem jeweiligen Kubus selbst zu definieren und zu präsentieren.

Das Ergebnis: Immer interessant und lebendig, ansprechend, mit jeweils zwei kurzen Videobeiträgen. Manchmal als Mischung unterschiedlicher interner Strömungen bzw. als gemeinsamer Kompromiss auf Gemeinsames und Verbindendes, die Basis.

Ich muss zugeben, dass ich von der Bahai-Religion vorher noch nie etwas gehört hatte. Da uns allen klar war, dass ein einziger Besuch für die Fülle an Informationen, das Wirken-Lassen und den Bedarf an Austausch nicht ausreichen würde, entschied ich mich nur für den einen Kubus des Bahaitums und trat ein... Ein warmer rötlicher Farbton dominiert das Innere des Würfels. Mein Auge wurde von vielen unterschiedlichen Gegenständen, Bildern und Texten angezogen. Ich begann einfach gleich rechts an der Wand neben dem Eingang, las, schaute und ließ es auf mich wirken...

„Das Bahaitum (auch Bahaismus oder Bahai-Religion) ist eine weltweit verbreitete und universale Religion, die von Bahullh Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet wurde. Bahullh ruft dazu auf, die Erde als „nur ein Land und alle Menschen [als] seine Bürger“ zu betrachten.“ (siehe: wikipedia.org/wiki/bahaitum)
Der folgende Text hat mich positiv überrascht:

„Bahullh verordnet, dass die Eltern ihren Kindern die bestmögliche Schulbildung zukommen lassen. Wenn sie nicht für alle ihre Kinder eine gute Erziehung ermöglichen können, dann müssen die Mädchen die höhere Erziehung und Bildung bekommen, da sie später die ersten Erzieher der nächsten Generation sein werden.“ (siehe: „Haus der Religionen“, Kubus des Bahaitums)
Anja Palczewski

Weitere Infos zum „Haus der Religionen“ finden sich unter: www.haus-der-religionen.de

Betreff
Der Ausflug nach Hannover ins „Haus der Religionen“ klang bei einem gemeinsamen Essen im Restaurant aus.